Pferde mit PSSM 1 optimal unterstützen  

Auch wenn der Gendefekt nicht reparabel ist, so können gute Haltung und richtige Fütterung den Verlauf und die Symptome oft sehr positiv beeinflussen.  

Foto: andreaskrappweis / Getty Images

Was ist PSSM 1? 

PSSM 1 ist eine erblich bedingte Erkrankung der Skelettmuskulatur, die bereits vor 100 Jahren beschrieben wurde, aber erst seit 2008 genauer erforscht ist (McCue, Valberg et al., 2008). Die Krankheit führt zu starken Muskelschmerzen und Verspannungen, weil die Bildung, Speicherung und Nutzung von Glykogen im Muskel gestört sind. Dadurch werden die Muskelzellen geschädigt. Ursache ist eine Mutation des Glycogen-Synthase-Gens (GYS1), die vor allem in den schnellen Typ-II-Muskelfasern, der sogenannten „weißen Muskulatur“, abnorm lange und enzymstabile Zuckerketten (Glykogen) entstehen lässt. Diese können nicht oder nur unvollständig zur Energiegewinnung genutzt werden. Der Muskel leidet dadurch unter Energiemangel und wird funktionell geschädigt. 


Im Gegensatz zu PSSM 1 liegt bei PSSM 2 kein GYS1-Gendefekt vor. Was die möglichen Ursachen von PSSM 2 sind und was das für die Fütterung betroffener Pferde bedeutet, erfahrt Ihr unter: 


Vergleich Glykogen

Die Bilder stammen aus der Grundlagen-Studie zu PSSM1 von McCue et al 2008. Sie zeigen einen Vergleich von „gesundem“ Glykogen auf Bild (a) …
… zu resistentem Glykogen (b). Dieses wurde hierfür eingefärbt. Man sieht es als gepunktete „Struktur“ in den Muskelzellen.
Muskeln schmelzen normal aufgebautes Glykogen als Energiesubstrat wieder ein. Bild (c) zeigt jedoch einen abnormalen Aufbau aufgrund der Gys1-Mutation. Es bleiben nicht nutzbaren Glykogenreste (Punkte) übrig, da der Muskel nicht alles einschmelzen kann.

Welche Pferde sind betroffen? 

PSSM 1 wurde zunächst bei Quarter Horses entdeckt, ist aber mittlerweile bei etwa 35 % aller Pferderassen nachgewiesen, besonders bei muskulösen, ruhigen Pferdetypen wie Haflingern, Norikern und anderen Kaltblutrassen. Schon bei jungen Pferden zeigen sich Symptome. Betroffene Pferde benötigen getreidefreie und zuckerarme Rationen, um leistungsfähig zu bleiben. 

Wie äußert sich PSSM 1? 

Leichte Arbeit wird meist gut vertragen, doch bei stärkerer Beanspruchung kommt es zu Muskelschäden und Symptomen wie Muskelschmerzen, Muskelkrämpfen, Steifheit, Müdigkeit oder völliger Leistungsverweigerung. Schon der Besuch beim Hufschmied kann ausreichen, um solche Reaktionen auszulösen. 

Welches Futter tut gut? 

Pferde mit PSSM 1 brauchen eine kohlenhydratarme, getreidefreie Diät mit viel Heu und möglichst wenig Zucker. Auch bei Gras sollte man vorsichtig sein. Fett liefert dafür gute Energie. Zudem ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin E (1.000 bis 3.000 mg pro Tag) und Selen (1,8 mg pro Tag, jedoch nicht überdosieren) wichtig, um die antioxidative Kapazität der Muskelzellen zu unterstützen. 


Eiweißreiches Futter ist bei PSSM 1 im Gegensatz zu PSSM 2 nicht zwingend erforderlich, aber eine hohe Eiweißqualität kann auch hier die Muskulatur unterstützen. Je nach Energiebedarf eignen sich aus dem marstall-Sortiment entweder Faser-Light (für wenig Energie) oder Vito, MyoCare-Müsli bzw. Getreidefrei-Mix (für viel Energie), auch bei EMS und Cushing (PPID). 

Was ist mit Training? 


Neben der richtigen Futterzusammensetzung sind auch Haltung und Bewegung entscheidend. Das Umfeld sollte möglichst stressfrei sein, besonders beim Weidegang. Regelmäßige, aber leichte Bewegung ist wichtig. Boxenruhe hingegen wäre kontraproduktiv für die empfindliche Muskulatur. 

 

Begriffsdefinitionen 


PSSM steht für Polysaccharid-Speicher-Myopathie und bezeichnet eine Gruppe von Muskelerkrankungen, die durch Symptome wie Lahmheit, Schmerzen, Steifheit und Verhaltensänderungen gekennzeichnet sind. Ein typisches Merkmal ist die Ansammlung abnormer Zuckerketten im Muskel. Derzeit wird PSSM weltweit in die Kategorien PSSM 1 und PSSM 2 unterteilt. Der Begriff MIM wird hingegen nur in Deutschland verwendet (siehe auch Statement Prof. Valberg). 


PSSM 1 ist seit etwa 15 Jahren bekannt und beschreibt eine erblich bedingte Polysaccharid-Speicher-Myopathie, die durch eine Mutation des GYS1-Gens entsteht. Diese Mutation sorgt dafür, dass der Muskelspeicherzucker (Glykogen) nicht richtig aufgebaut wird. Stattdessen entstehen abnorm lange und enzymstabile Zuckerketten, die gespeichert werden. Das schädigt die Muskelzellen und verhindert, dass der Muskel das gespeicherte Glykogen richtig nutzen kann. Pferde mit PSSM 1 brauchen getreidefreie und zuckerarme Futterrationen, um leistungsfähig zu bleiben. 


PSSM 2 fasst verschiedene neuromuskuläre Erkrankungen zusammen, die ähnliche Symptome wie PSSM 1 zeigen, aber keinen GYS1-Gendefekt haben. Diese Pferde profitieren oft von Futterzusätzen, die dünndarmverdauliches Eiweiß und viele essenzielle Aminosäuren enthalten, und teilweise auch von getreidefreier Ernährung. Zu PSSM 2 zählen Pferde mit stabilen, abnormalen Zuckerketten im Muskel (ähnlich wie bei PSSM 1, aber ohne GYS1-Defekt), ohne abnormale Zuckerketten, aber mit den typischen Symptomen (Ursache noch unbekannt), mit einem gestörten Aufbau des Zellskeletts, was auch ein Anzeichen der Muskelerkrankung MFM ist. Bei Pferden ist eine klare Abgrenzung zwischen PSSM 2 und MFM oft schwierig. 


MFM (Myofibrilläre Myopathie) ist auch beim Menschen bekannt und eine erblich bedingte, langsam fortschreitende Muskelerkrankung. Dabei ist der Muskelaufbau gestört oder es kommt zu Verklumpungen von Eiweißen (Desmin). Die Genvarianten P2 und P3 spielen dabei eine Rolle. Bei PSSM 2-Pferden mit typischen Symptomen, aber ohne abnormale Zuckerketten und mit Desmin-Verklumpungen, spricht man von MFM. Allerdings treten die genetischen Varianten P2 und P3 bei Pferden an anderen Stellen auf als bei der menschlichen MFM. 
 
 

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